Dienstag, 15. Juli 2008

Patriotismus auf Heller und Pfennig

Mazedonien verpflichtet die Geschäfte, über Verkauf heimischer Produkte Buch zu führen
Von Slobodanka Jovanovska Brüssel. Mazedoniens Regierung will die Vaterlandsliebe der heimischen Verbraucher messen. Seit vergangener Woche muss in Supermärkten und Geschäften auf den Belegen registriert werden, wie viel Geld in heimische Produkte geflossen ist.
Die Verpflichtung der Geschäftswelt ist Teil der Kampagne "Kauft Waren aus Mazedonien". Deren erster Schritt war die Kennzeichnung heimischer Ware.

Nun müssen alle Einzelhändler und Geschäftsleute eine spezielle Software anwenden. "Die neue Software wird unsere Vaterlandsliebe messen", spottet die Presse, "so groß wie die Beträge sind, die wir für mazedonische Produkte ausgeben, so groß ist unsere Liebe für unser Land."


Die Regierung verteidigt den Vorstoß mit dem Argument, es gehe nicht allein darum, das Bewusstsein für Waren aus dem Zwei-Millionen-Balkanland zu schärfen, sondern auch zu überprüfen, ob die Produkte wettbewerbsfähig seien. Die Kosten für das Programm zur Förderung des Nationalstolzes, wie es Kritiker nennen, werden auf sechs Millionen Euro geschätzt, weil die Installation der Software einen Aufwand zwischen 50 und 200 Euro bedeutet.

Seit Griechenland den Nato-Beitritt Mazedoniens wegen des Streits um den Landesnamen blockiert, steigt der Verkauf von Beruhigungsmitteln, was als Zeichen für Zukunftsängste und Perspektivlosigkeit gewertet wird. In diesem Zusammenhang werden hinter der Kampagne für heimische Produkte nicht allein wirtschaftliche, sondern auch politische Motive vermutet.

Die Regierung erklärt, ihr Vorstoß stehe weder in Konflikt mit den Regeln des Wettbewerbs noch mit EU-Recht. Schließlich gehe es nur um Informationen, der Kunde habe nach wie vor freie Wahl.

Die Verpflichtung, die Software anzuwenden, gilt übrigens auch für Geschäfte, die überhaupt keine mazedonischen Waren anbieten - wie Autohändler. Sie müssen trotzdem eine Nullmeldung machen, weil sonst die Sorge besteht, andere Händler würden bewusst auf den Verkauf von heimischer Ware verzichten, um sich die Software-Umrüstung zu ersparen.


Quelle: OSTTHÜRINGER Zeitung - 13.07.2008
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